Mehr als ein Ferienflirt?

In den Ferien ist immer alles etwas leichter, unbeschwerter und lockerer. Verbringt man als Gay die Ferien auf Gran Canaria, lernt man schneller neue Männer kennen. Entweder bleibt es bei einem One Night Stand oder man bleibt doch in Kontakt und sieht sich immer mal wieder auf der Insel. Diesmal scheint es aber mehr als eine Bekanntschaft oder nur ein Ferienflirt wie vor zwei Jahren zu sein.

Vor bald einem Monat lagen Adrian (ein guter Freund von mir) und ich am Strand von Playa del Inges/Maspalomoas auf Gran Canaria. Wir genossen Sonne, Meer und 30 Grad Lufttemperatur. Unser Ziel: Knackig braun zu werden. Dabei hatten wir am Gay-Strand auch immer eine gute Aussicht auf hübsche, aber auch alte Männer. Bereits am ersten Tag fiel uns ein Typ in türkisblauen langen Badehosen auf, der wohl mit seinem Freund da vor uns im Sand lag. Adrian und ich bevorzugten die Liegestühle à 2.50 Euro. Wir wollten uns nicht im Sand bei der Armut wühlen. Zurück zu dem Typen: Er wollte einfach sein T-Shirt nicht ausziehen. Ob er wohl einen Sonnenbrand hat oder die Sonne nicht verträgt?

Wir hatten ein Bungalow nahe der Sanddünen mit einer schönen Gartenanlage. Morgens strichen wir unsere Brötchen, die wir an den Strand mitnahmen, abends assen wir auswärts. Trotz Urlaub hatten wir immer einen Zeitplan einzuhalten: Bis 12 Uhr am Strand sein, damit wir noch eine Liege in den vorderen Reihen bekamen, zwischen 17 und 18 Uhr im Café Wien für Kaffee und Kuchen, gegen 21 Uhr aufgebrezelt zum Abendessen im Yumbo. Gegen 23 Uhr mit Drink in einer Bar sitzen mit Blick auf den "Laufsteg" und vor 1 Uhr in der Mykonos- bzw. Tubos-Disco zur Happy Hour. Wir stellten fest, dass viele Schwulenpärchen auf der Insel waren. Eins nach dem anderen fand man im Gayromeo- oder Grindr-Chat vor. Adrian fand das nicht so toll.

Die Tage verstrichen - einmal nicht im Fluge - sondern ganz gemütlich. Ich traf bekannte Gesichter aus dem Urlaub vor zwei Jahren - ein herzliches wiedersehen mit Michael oder Gisela...

Und da war wieder der Typ mit der türkisblauen Badehose, wie immer mit grossem Badetuch und Freund vor uns im Sand. In den hohen Wellen hatten Adrian und ich immer viel Spass. Aber wir waren nicht die einzigen. Es kam mir vor wie in einer anderen Welt, mit vielen Männern, die ein unbeschwertes Leben geniessen.

Am Mittwoch war ich alleine im Meer. Und da war plötzlich ein anderer Typ im Wasser, mit schwarzen Haaren und drei Ringen in einem Ohr (was mir sofort auffiel). Ein Fingerring trug er an einer Silberkette um den Hals. Irgendwie sah der ganz süss aus, nur so vom Gesicht. Mehr sah ich nicht, da er bis zum Kopf im Wasser war. Ob der auch einen guten Body hat? Meine Blicke schweiften immer wieder zu ihm, doch er erwiderte meine Blicke nicht. Und dann schaute er doch zu mir rüber und ich blickte weg. Sollte ich zu ihm rüber und "Hallo" sagen. Doch was sollte ich mit jemandem da im Meer reden. Und wenn er kein Deutsch sprechen würde, wäre das schon wieder ein Hindernis. Als ich mal nicht hinsah, war er plötzlich verschwunden. Komisch…. Wo war er hin?

Abends im Bungalow schaute ich die Besucher meines Gayromeo-Chatprofil an. Und da entdeckte ich ihn wieder. Der Typ aus den Wellen. Erst da schnallte ich: Das war der Typ mit der türkisblauen Badehose. Und dann stand da "Single" und "Deutsch". In dem Fall war das nur "ein" Freund und nicht "der" Freund, mit dem er hier im Urlaub war - halt so wie bei mir und Adrian. Der hübsche Mann war zwar nicht online, trotzdem schrieb ich ihm "Hi du. Sieht man sich morgen wieder in den Wellen des tiefen Ozeans?" - Hörte sich schon etwas poetisch oder einfach nur blöd an.

Am anderen Tag sah ich ihn nicht am Strand. Erst am späten Nachmittag kam er mir mit einem Teller Kuchen im Café Wien entgegen. Er lächelte, ich lächelte und Adrian sagte "Oh lecker Kuchen". Aber mehr als scheue Blicke lagen an dem Nachmittag nicht drin. Erst abends im Bungalow sah ich, dass er mir bereits am morgen auf meine Nachricht geantwortet hatte: "Ich denke schon… oder im Café Wien. Vielleicht können wir ja auch ein paar Worte wechseln". Naja, dazu war es nicht gekommen. Aber er war gerade auch wieder online. Also schrieb ich ihm. Und so stellte sich heraus, dass wir beide etwas schüchtern sind, wenn es darum geht, jemanden anzusprechen. Und so kam es, dass wir uns im Tubos (Gay-Disco) gegen 1 Uhr verabredeten. Interessant an der Geschichte ist wohl, dass es in keiner Hinsicht darum ging, sich für ein Sexdate zu verabreden.

Und da standen wir gegen 1 Uhr im Tubos, bis Adrian mich aufmerksam machte, dass er auf mich zukommen würde. Ich drehte ich mich um. Und da stand er lächelnd vor mir. Wir begrüssten uns und kamen ins Gespräch. Mit dabei war auch seine Ferienbegleitung. Das störte mich eigentlich nicht, da dieser auch ein ganz witziger Typ war.

Die Nacht verbrachte ich dann bei ihm und auch den Tag darauf am Strand in der Armut. Dabei fühlte ich mich aber sehr gut unter seinem Bettlaken, das er dabei hatte, um sich auch mal etwas von der Sonne zu schützen. So erfuhr ich, dass er gleich alt war wie ich, aus Leipzig kam und Physiotherapeut war. Letzteres setzte er nachmittags in die Tat um und ich kriegte eine professionelle Rückenmassage am Strand. Die neiden Blicke sah ich nicht. Aber wir wurden darauf angesprochen.

Und dann stand bereits unser letzter Abend vor uns. Ich war plötzlich traurig. Da hatte ich einen tollen Typen am zweitletzten Abend kennengelernt und jetzt hies es schon bald Abschied zu nehmen. Die letzte Nacht verbrachten wir zusammen. Es war einfach superschön.

Da standen wir am Sonntagmittag vor dem Bungalow und als der Bus kam, war es Zeit, sich zu verabschieden. Ich umarmte ihn herzlich, konnte aber ein paar Tränen nicht unterdrücken. Wir versprachen uns, in Kontakt zu bleiben. Je weiter wir uns entfernten, desto trauriger wurde ich. Ich weinte sogar noch im vollbesetzen Flieger und wünschte nur, bei ihm zu sein.

Das war vor 19 Tagen. Seither schreiben wir uns mehrmals täglich SMS. Und auch wenn uns rudn 700 km trennen, fühlen wir uns immer sehr verbunden. Und auf eins freuen wir uns besonders: Wir sehen uns schon sehr bald wieder...

Fortsetzung folgt.