Gang- oder Fensterplatz?

Also schauen wir mal in ihr Necessaire (Kulturbeutel). Das können Sie schon mal nicht mitnehmen. Ja, auch wenn es nur noch zur Hälfte gefüllt ist. So. Und nun nehmen wir ein solches durchsichtiges Plastiksäckchen und stellen alles mal rein. Zahnpasta 75 ml, Deo 50 ml, Gesichtscreme 50 ml, Augenliderfeuchtigkeitscremestift 25 ml (ja das braucht ein Mann von heute)… Was ist das? Ah, Kontaktlinsenmittel 110 ml darf bleiben. Dies ist von der Regelung ausgeschlossen…

Ich nerve mich zuerst einmal. Weil dieser Heini von Polizist es dieses Mal sehr genau nimmt mit der 100-ml-Flüssigkeit-im-Handgepäck-Regelung. Obwohl das Haargel, welches es ausschliesslich in 150 ml Tuben gibt nur noch halb voll ist, muss es hier bleiben. Schliesslich könnte ich eine Bombe daraus zünden. Da das Kontaktlinsenmittel von dieser Regelung ausgeschlossen ist, werde ich das Haargel wohl nächstes Mal einfach umfüllen. So eine idiotische Regelung. Frage mich schon, wie lange das noch so sein wird. Diese Fliegerei mit Zwischenstopp gurkt mich sowieso an, obwohl es erst der zweite Flug nach Leipzig ist. Warum gibt es keine Direktflüge auf dieser Strecke? Andererseits weiss ich von Flug zu Flug besser bescheid über die Macken der Sicherheitskontrolleuren, wo ich das Gate meines Anschlussfluges beim Zwischenstopp finde oder dass ich doch eher Gang- als Fensterplatz nehmen soll, da ich ja nicht als allererster im Flieger sein muss.

Auch dieser Stress, den alle Passagiere immer haben. Kaum hat der Flieger seine Halteposition erreicht, springen alle auf, klappen die Handgepäck-Fächer auf und grübeln ihre Taschen und Jacken raus. Das Anschnallzeichen erlischt dann auch irgendwann noch. Aber das spielt dann keine Rolle mehr. Schliesslich will man so schnell wie möglich raus. Doch dann stehen die 5-10 Minuten im Gang, weil der Bus zum Gate noch nicht da ist. Irgendwann ist man dann bei der Gepäckausgabe. Dort stehen sie dann rum, während ich als letzter nur mit Handgepäck den Flieger verlasse und an denen vorbei marschiere. Bei solchen Momenten nehme ich den pingeligen 100-ml-Flüssigkeits-Kontrolleur gerne in kauf.

Bei einem Zwischenstopp in München, Frankfurt oder Düsseldorf entstehen immer kurze Wartezeiten, bis zum Bording. Auch da stehen die Fluggäste schon Minuten vorher Schlange, um möglichst schnell im Flieger zu sein. Die Zeit nehme ich mir, mir einen Fruchtsalat oder eine Erfrischung zu kaufen. Die Preise dafür sind in allen Flughäfen hoch, ob in der Schweiz oder in Deutschland. Bei den Deutschen kommt hinzu, dass sie für jede kleine Getränkeflasche noch ein Pfand erheben. Kaufe ich so eine Flasche in Leipzig, zahle ich zusätzlich 25 Cent Pfand. Gebe ich die Flasche aber in Frankfurt ab, bekomme ich nur 15 Cent Pfand zurück. Also wenn schon Pfand, dann bitte einheitlich. Nächstes Mal stehe ich beim smarten Sandwichs- und Fruchtsalatkäufer nicht mehr an, um eine Flasche abzugeben. Bis die jungen Ladies aus England sich entschieden haben, welchen Smoothie sie nehmen, werfe ich die Flasche vorher in die nächste Tonne.

Auf dem letzten Rückflug hab ich einen Gang-Platz genommen. Aus meinen jüngsten Erfahrungen sind die Plätze in der Mitte und am Fenster bereits belegt, wenn ich einsteige, so dass ich mich nur noch dazusetzen muss. Zudem hab ich etwas mehr Beinfreiheit wegen dem Gang. Doch nein, diesmal steigt verspätet ein Mami aus Slowenien mit ihrem Kind in letzter Minute dazu. So stehe ich auf und klappe die Gepäckablagenfächer wieder auf – die eine Flugbegleiterin Minuten davor geschlossen hatte. Die Slowenin findet dann aber ein besseres Ablagefach. Na ich wollte nur nett sein und schliesse die Fächer wieder. Dann hebt der Flieger ab. Dass die Tischchen kochgeklappt sein müssen, weiss doch jedes Kind, vor allem wenn noch ein Animationsfilm mit allen Sicherheitshinweisen gezeigt wird. Die von der Swiss haben sogar ein witziges Filmende: Da wirft ein kleiner Junge ein Swiss-Schokoladentäffelchen in die Luft, welches direkt in seinem Mund landet. Zurück zu meinen Sitznachbarn: Die Slowenin und ihre Tochter haben das mit dem Tischchen natürlich nicht geschnallt und die Flugbegleiterin muss sie natürlich höflich auffordern, es hochzuklappen. Das Kind muss sein Buch nun in der Hand halten (oh wie schlimm). Kaum ist das Flugzeug in der Luft, beginnen die Flight Attendants mit dem Austeilen der Getränke. Dabei haben sie einen fürchterlichen Stress. Der Flug von Frankfurt nach Zürich dauert nur 30 Minuten. Zählt man Aufstieg und Landeanflug dazu, ist der Flieger vielleicht 10 Minuten in der Luft. Kaum sind die Getränke und das Schöggeli ausgeteilt (mehr Verpflegung liegt auf so einem kurzen Flug nicht drin), muss das Kind – wie hätte es auch anders sein können – auch schon aufs Klo. Also stehe ich mit Gangsitzplatz wieder auf bzw. ich bleibe sitzen und versuche meine Beine über die Sitzlehne zu heben, damit das Kind vorbei kann. Das klappt dann auch, ausser dass ich die halbe Cola Light über die Hose kippe. Mist. Und schon ist die Flugbegleiterin wieder da mit ihrem Karren und sammelt den Müll ein. Dahinter steht schon wieder das Mädchen, das jetzt natürlich nicht auf seinen Platz zurück kann und warten muss. Das bekommt aber fast Panik und die Mutter muss es von ihrem Sitzplatz aus beruhigen. Irgendwann sind wir endlich in Zürich. Wobei "endlich" im Normalfall übertrieben ist bei so einem kurzen Flug. Aber diese Slowenin kostet mir fast jeden Nerv. Kaum gelandet springt die auf, während ich noch sitzen bleibe. Ohne Worte versucht sie, mir klar zu machen, dass ich auch aufstehen soll. Na gut. Schliesslich sind wir in Zürich und ich will auch nur noch nach Hause. Ich mach also die Gepäckablage auf, hol meinen Handkoffer raus und zieh meine Jacke an. Als ich dann in den Gang trete drückt die Slowenin vorbei, um endlich an ihren Koffer zu kommen. Ich sage nichts, flutsche noch an ihr vorbei und steige – auf hoffentlich nie mehr Wiedersehen – aus. Ob ich nächstes Mal doch wieder einen Fensterplatz nehmen soll?