Diagonose Hodenkrebs

Als mir das am 16.11.2018 gesagt wurde, war ich sehr geschockt. Ich fühlte mich bis zu diesem Tag gesund und fit. Eine vermutete Entzündung entpupte sich aber als Tumor.

Viel zu überlegen gab es nicht. An jenem Morgen besuchte ich den Urologen des Ärztezentrums, der mich gleich ins Unispital überwies, weil ihm das ganze suspekt vorkam. Dort kam die Diagnose nach einer Ultraschalluntersuchung sehr schnell und wurde auch von einer zweiten Ärztin bestätigt: Tumor am rechten Hoden. Gefasst und mit 1000 Fragen im Kopf wurde der OP-Termin gleich für den nächsten Tag festgelegt. Dabei wollte ich an diesem Morgen doch nur zur einer Routine-Untersuchung.

Was an diesem Vormittag ablief, hab ich in folgenden Aussagen, teilweise eigenen Interpretationen, aufgeführt:

Donnerstag, 7:17 Uhr, zu Hause, Arztpraxis am Telefon:
Wir haben einen Urologen bei uns im Haus. Wie schnell können Sie hier sein? 8:30 Uhr?

7:36 Uhr, SMS an Abteilungschef:
Guten Morgen. Habe um 8:30 Uhr noch einen Arzttermin. Wird etwa 9:30, bis ich der Agentur bin...

8:45 Uhr, Arztpraxis, Urologe:
Also nach einer Nebenhodenentzündung sieht das nicht aus. Im schlimmsten Fall könnte sich der Hoden verdreht haben. Ich überweise Sie in den Notfall der Urologie. Gehen Sie aber nicht erst Kaffee trinken, sondern zügig dort hin.

9:19 Uhr, vor der Artztpraxis am Telefon mit Abteilungschef:
Ich wurde in Notfall überwiesen. Weiss nicht, wie lange das dauert. Es wird später und wohl gegen Mittag, bis ich zur Arbeit erscheine.

9:47 Uhr, Urologie, Universitätsspital, Assistenzarzt;
Schön zu hören, dass es Ihnen recht gut geht. Dann haben Sie wohl keine Hodentorsion (verdrehter Hoden).

10:01 Uhr, Assistenzarzt:
Ich will mit offenen Karten spielen. Es sieht nach einem Tumor aus. Wir holen eine Zweitmeinung von der Oberärztin ein.

10:06 Uhr, Oberärztin:
Ja, operieren.

10:11 Uhr, Assistenzarzt:
Die Männlichkeit verlieren Sie dabei nicht. *Lächelt* Es handelt sich um eine am besten zu behandelbaren Krebsarten, so dass sie danach ihr Leben uneingeschränkt und gesund weiterführen können. Die Operation findet am Dienstag statt... Oder nein, gleich morgen Freitag. Würde Ihnen das passen?

10:23 Uhr, ich fragend an den Assistenzarzt:
Können wir allenfalls den OP-Termin auf Dienstag schieben? Ich habe noch einige Termine wie Groupfitness, einen Sportevent, Einladung zum Abendessen am Wochenende...

10:36 Uhr, Telefon mit meinem Freund, ich völlig aufgelöst:
Hoi Schatz... *Schluchz* ... *Heul* ...

10:48 Uhr, Telefon mit Mama, sie ganz sachlich:
Der Mann von deinem Gotti hatte das auch mal. Es kommt alles gut...

10:53 Uhr, Telefon mit Groupfitnesschefin, sie verständnisvoll:
Ich werde mich um eine Vertretung deiner Stunden kümmern. Kopf hoch...

10:59 Uhr, Versuch, das zweite Fitnessstudio zu informieren:
*tuut*

11:02 Uhr, Telefon mit Kollegin/Instruktorin, sie in allen Wolken:
Ich werde mich darum kümmern. Das ist wohl das einzige, was ich im Moment für dich tun kann. Du Armer...

11:09 Uhr Telefon mit weiterem Groupfitnesschef, er:
Ich kümmere mich darum. Alles Gute!

11:20 Uhr E-Mail an 3. Fitness-Studio:
Wegen einer notfallmässiger OP falle ich für die nächsten 4 Wochen aus. Daher suche ich dringe Vertretung für meine Groupfitnessstunden.

11:31 Uhr, Rezeptionistin der Urologie:
Die beim CT wissen nichts von einer Anmeldung. Sie müssen warten. Wir schliessen hier allerdings den Schalter in einer halben Stunde.

11:40 Uhr, Formular:
Mit der Einwilligung in die Entnahme und Verwendung von biologischem Material und gesundheitsbezogenen Daten leisten Sie einen wertvollen Beitrag für die biomedizinische Forschung. Wir danken Ihnen dafür herzlich.

Am Nachmittag folgten noch viele weitere Abklärungen, Untersuchungen und Gespräche mit Seelsorger, Anästhesiearzt oder Assistenzarzt. Letzterer konfrontierte mich mit der Frage, ob ich ein Implantat möchte oder nicht (ich lehnte vorerst ab). Alles ging mir viel zu schnell. Die Nacht darauf durfte ich zu Hause schlafen. Von den vielen Fragen am morgen davor waren jetzt noch mehr Fragen in meinem Kopf. Am nächsten Morgen zurück im Krankenhaus nahm sich der Assistenzarzt Zeit, mir alle offenen Fragen zu beantworten. Mittags wurde ich dann – ganz ohne Beruhigungsmittel – operiert und 3 Tage später nach Hause entlassen.

Ich durfte mich glücklich schätzen, dass alles so schnell und problemlos verlaufen war. Das CT (Computertomographie) ergab keine Streuung von Metastasen/Ableger und auch die Blutwerte normalisierten sich wenige Tage später. Ich war gesund! Und ich fühlte mich auch schnell wieder fit. Trotz diesem positiven Verlauf stellten mich nach den ersten Konsultationen die Fachärzte vor eine neue Frage: Vorbeugende Chemotherapie – Ja oder Nein?